Abschied

Abschied

Und muß ich scheiden, will ich’s würdig tragen;
Weh‘ denen, die in Feigheit bang verzagen!
Wohl stirbt sich’s schwer, wem noch hie Jugend lacht,
Hinabzugehn in thatenlose Nacht.
Voll Gluth und Muth bin ich hinausgezogen
Und trieb mein Schifflein keck durch wilde Wogen;
An steilen Klippen schoß ich sicher hin,
Denn nach dem Ziele gläubig stanf mein Sinn.
Fern liegt das Lanb, das meiner Seele Sehnen,
Dir, Menschheit, dir galt mein verhülltes Wähnen,
Dein werth zu sein, du heilig Ideal,
Hab‘ ich gerungen in Gebet und Qual.
Der Selbstsucht wollt‘ ich ein Verflucher werden
Und ein Prophet von Lieb‘ und Licht auf Erden,
Des Sieg’s der Glanzesherrlichkeit gewiß,
Der Sonne Kämpfer, Feind der Finsterniß.
Nun sink ich hin — wie hätt‘ ich froh gestritten
Und für den Gott in meiner Brust gelitten!
Wer leidet nun? Ein and’rer nimmt die Last.
Wohl dir, daß du das Heil geahndet hast!

Poetisches Skizzenbuch, Minden i. Westf. 1885, S. 16.