Der Kronenträger
Und trag‘ ich auch kein Purpurkleid
Mit Hermelin und Goldgeschmeid,
Ich glaube doch bis an mein Grab,
Daß Gott mir Reich und Krone gab.
Der Reif, der fein dies Haupt umflicht,
Erhöht mein sterblich Angesicht,
Und Flammen reiner Ehrfurcht loh’n
Um meinen unsichtbaren Thron.
Gebannt in solcher Gnaden Kreis
Sing‘ ich den höchsten Mächten Preis,
Des dritten Reiches Macht und Ruhm
Sei meiner Harfe Heiligtum!
Mein ist das Reich der stillen Tat,
Das heimlich hier auf Erden naht;
Von ewiger Sehnsucht vorgeschaut,
Wird es erkämpft und auferbaut.
Wollt‘ ich verlassen je sein Licht,
Ein Hüter, der die Treue bricht,
Dem armen Wicht wär‘ ich verwandt,
Der sich erhängt mit eig’ner Hand.
Doch sinkt der Schwermut leiser Flor
Auf diese Stirn, die Gott erkor,
Wenn sich der Feinde Rotte mehrt
Und das geliebte Land verheert,
In meinem königlichen Schmerz
Aufblitzt ein Licht wie funkelnd Erz:
Kein König, der’s verloren gab!
Die Krone trag‘ ich bis ans Grab.
München, 1909
Jugend, 15. Jahrg., 1. Bd., 1910, Nr. 11, S. 242. Online