Ein Bündel Erika für Liliencron
(Begleitschreiben.)
Ein volles, frisches Bündel Erika
Dir, Haideprinz der Poesie, hurrah!
Die rothe Haide deiner Heimatweiten
Die süße Weide deiner Einsamkeiten
Soll Wonne dir und Sehnsuchtsduft bereiten.
Du Honigbiene deutscher Dichtung du!
Im Schweizeraargau haben wir gepflückt,
Was eines Niedersachsen Herz entzückt.
Frischroth, jungblühend hat’s uns angelacht,
Wir haben gleich dabei an dich gedacht
Und selig ausgerauft mit beiden Händen,
Was wir dem Liliencron nach München senden.
Ein Büschel Dank für soviel Hochgenuß,
Süßsaftig wie der Liebe Sommerkuß,
Wenn wir im Tannenwalde tiefverschwiegen
Naturberauscht uns in den Armen liegen.
O köstlich, köstlich schmeckt dein Dichtertrank,
Dich schlürfe, wem das Herz im Leibe krank!
Weß Seele vom Gespenst der Zeit geschunden,
Wem seine Schwinge tropft von Blut und Wunden,
Er schlürfe dich, zum Leben zu gesunden.
Dein Vers ist Saft und Fülle der Natur,
Schmuck blüht dein Lied wie rothe Haideflur.
Ein sich’rer Spürhund dichterischen Wildes
Folgst du der Fährte kecken Lebensbildes,
Und was du packst zu Prosen und Kantaten,
Giebt deutscher Dichtung Sonn- und Festtagsbraten.
Mein Lieb und ich, von wildem Wein umquollen,
Den Dank der Schmauser müssen wir dir zollen,
Dir, Haideprinz der Poesie, hurrah,
Dies volle, frische Bündel Erika!
Trutznachtigall, Stuttgart 1891, S. 98-99. Online