Francesco Ferrer

Francesco Ferrer

Was war denn ihm ihr lahmer „letzter Trost?“
Die schwarzen Assistenten Gottes glotzten
In lungernder Verblüfftheit, stumm und stier.
Der „arme Sünder“ wies ihr Sakrament
Kurz ab und würdigte sie keines Blicks.
Sie fühlten überflüssig ihr Geschäft
Und murmelten den Rosenkranz herunter . .
Er beugte nicht die Knie vor jenem Gott,
In dessen Namen sie ihn opferten.
Er wollte frei dem Tod ins Auge schaun,
Sie legten ihm die Binde vor. Er fiel.
Sein letzter Ruf: „Es lebe die moderne“ –
Kaum haucht‘ er „Schule“ noch, dann war’s geschehn.
Er fiel – mit ihm in Spanien das Recht.
Blut’ge Komödie spielte Frau Justiz,
Wo ihre Kugeln pfiffen, gähnt der Mord.
Ins Massengrab verschüttet ward der Leib,
Und die der Toten Auferstehung pachten,
Sie wähnten, mit ihm sei der Geist verscharrt.
(Die Törichten! Gesprengt hat er das Grab,
Und seine Flammen zucken um die Erde.)
Im Namen Gottes und des Königs war
Nun der Gerechtigkeit genug getan –
Der Herr ob Tod und Leben hatte selbst
Ihr freien Lauf gelassen, gnadelos.
Uns nicht vom heiligen Gottesgnadentum
Begnadeten kommt die Gerechtigkeit
In Spanien zwar verteufelt spanisch vor,
Das Urteil brennt wie spanischer Pfeffer scharf
In unsern ketzerischen Eingeweiden,
Und wenn ich Deutschlands Stimmung deuten darf,
So sag‘ ich: O, es mag die Pfaffen leiden!

Freiheit und Arbeit. Kunst und Literatur, 1910, S. 129-130.