Frei muß ich sein
(An Detlev von Liliencron)
Frei muß ich sein von aller Lebensnot,
Frei muß ich schaffen und genießen können,
Die Sorgen sind der Künstler Hungertod,
Und Kunst will wie ein Freudenfeuer brennen.
Geht doch mit eurer Einfalslitanei,
Daß sich im harten Kampf der Mann entfalte!
Behagen giebt die feinsten Kräfte frei,
Nur Sonne wirkt, daß sich die Frucht gestalte.
Ein holder Garten sei mir meine Welt,
Dann lass ich schön der Dichtung Gärten spielen,
Ein Künstler, dem der Schrei der Notdurft gellt,
Steigt bie empor zu höchsten Schaffenszielen.
An seiner Ferse klebt der Kleinlichkeit
Gemeine Scholle; wie er stolz auch ringe,
Die Götterlaune fehlt, die ganz befreit,
Imd seiner Phantasie erlahmt die Schwinge.
Nie lernt der Krämer, was des Künstlers ist,
Dummheit und Rohheit lieben ihn zu beugen,
Zufrieden, wenn der Knecht sein Futter frißt,
Zufrieden, wenn Magister Kinder zeugen.
Zwischenspiel, Zürich 1894, S. 39. Online