1888
Ich sattle mir…
Ich sattle mir den Schimmel,
Einst Pegasus genannt,
Und reite durch Erde und Himmel,
Die Zügel in sichrer Hand.
Dem alten Dichterpferde
Ist meines nicht mehr gleich,
Sein Huf berührt die Erde,
Seine Nüster des Aethers Reich.
Der Schenkel stampft die Scholle,
Die Mähne schweift im All —
O traurig wundervolle
Jagd durch den Weltenball!
Planeten seh‘ ich kreisen,
Gestirne blendend lohn, —
Ich höre jeden leisen
Menschlichen Klageton.
In unmeßbare Weiten
Mein suchend Auge irrt —
Jede Thräne fühl‘ ich gleiten,
Die hier geweinet wird.
Erschauernd faßt die Seele
Des großen Einklangs Bild —
Im Schmerz erstickt die Kehle:
O wundes Menschenwild!
Fand nun die fremde Stätte
Ja doch an keinem Ort,
Die mir verkündet hätte
Das letzte Lebenswort.
Die Jagdlust ist vergangen,
Todmüde wacht mein Sinn —
Ich lasse die Zügel hangen
Und trabe langsam hin.
1890
Ich sattle mir…
Ich sattle mir den Schimmel,
Einst Pegasus genannt,
Und reite durch Erde und Himmel,
Die Zügel in sichrer Hand.
Dem alten Dichterpferde
Ist meines nicht mehr gleich,
Sein Huf berührt die Erde,
Seine Nüster des Aethers Reich.
Der Schenkel stampft die Scholle,
Die Mähne schweift im All —
O traurig wundervolle
Jagd durch den Weltenball!
Planeten seh‘ ich kreisen,
Gestirne blendend lohn, —
Ich höre jeden leisen
Menschlichen Klageton.
In unermeßbare Weiten
Mein suchend Auge irrt —
Jede Thräne fühl‘ ich gleiten,
Die hier geweinet wird.
Erschauernd faßt die Seele
Des großen Einklangs Bild —
Im Schmerz erstickt die Kehle:
O wundes Menschenwild!
Fand nun die fremde Stätte
Ja doch an keinem Ort,
Die mir verkündet hätte
Das letzte Lebenswort.
Die Jagdlust ist vergangen,
Todmüde wacht mein Sinn —
Ich lasse die Zügel hangen
Und trabe langsam hin.
1902
Ich sattle mir…
Ich sattle mir den Schimmel,
Einst Pegasus genannt,
Und reite durch Erde und Himmel,
Die Zügel in sichrer Hand.
Dem alten Dichterpferde
Ist meines nicht mehr gleich,
Sein Huf berührt die Erde,
Seine Nüster des Aethers Reich.
Der Schenkel stampft die Scholle,
Vom Hals trieft Wolkenschaum
O traurig wundervolle
Jagd durch den Weltenraum!
Planeten seh’ ich kreisen,
Gestirne blendend lohn, —
Ich höre jeden leisen
Menschlichen Klageton.
In unmeßbare Weiten
Mein suchend Auge irrt —
Jede Thräne fühl’ ich gleiten,
Die hier geweinet wird.
Erschauernd faßt die Seele
Des großen Einklangs Bild —
Im Schmerz erstickt die Kehle:
O wundes Menschenwild!
Fand nun die fremde Stätte
Ja doch an keinem Ort,
Die mir verkündet hätte
Das letzte Lebenswort.
Die Jagdlust ist vergangen,
Todmüde wacht mein Sinn —
Ich lasse die Zügel hangen
Und trabe langsam hin.
1921
Weltenritt
Ich sattle mir den Schimmel,
Einst Pegasus genannt,
Und reite durch Erde und Himmel,
Die Zügel in sichrer Hand.
Dem alten Dichterpferde
Ist meines nicht mehr gleich,
Sein Huf berührt die Erde,
Seine Nüster des Äthers Reich.
Der Schenkel stampft die Scholle,
Vom Hals trieft Wolkenschaum,
O traurig wundervolle
Jagd durch den Weltenraum!
Planeten seh‘ ich kreisen,
Gestirne blendend lohn —
Ich höre jeden leisen
Menschlichen Klageton.
In unmeßbare Weiten
Mein suchend Auge irrt —
Jede Träne fühl‘ ich gleiten,
Die hier geweinet wird.
Erschauernd faßt die Seele
Des großen Einklangs Bild —
Im Schmerz erstickt die Kehle:
O wundes Menschenwild!
Fand nun die fremde Stätte
Ja doch an keinem Ort,
Die mir verkündet hätte
Das letzte Lebenswort.
Die Jagdlust ist vergangen,
Todmüde wacht mein Sinn —
Ich lasse die Zügel hangen
Und trabe langsam hin.
Amselrufe. Neue Strophen, Zürich 1888, S. 16-17. Online
Amselrufe, Zürich 1890, S. 16-17. Online
Aus meinen Gedichten, Zürich, Leipzig, Berlin 1902, S. 53. Online
Gesammelte Werke. Erster Band: Buch des Lebens, München 1921, S. 19-21.