Liebe

Liebe

Ach, mit himmelblauen Schleifchen schmücken
Saht ihr mich der Leidenschaft Gewand —
Lieb‘ ist heißes, zitterndes Entzücken,
Kochender Burgunder, Fackelbrand.

Körperlich Verschmelzen der Gedanken,
Augenwollust, Funkenübersprung,
Sehnsuchtsvolles Ineinanderranken,
Schmerzenlösende Vereinigung.

Aber wird das Fleisch nur hingegeben,
Liebe, nenn‘ ich dich Concubinat,
Leben muß sich galten mit dem Leben,
Bis vollendet die geweihte Saat.

Und des Mannes bester Seelensame
Träufle in des theuren Weibes Brust,
Und die Ehe bleibt kein bloßer Name,
Dem, o Adam, du erbleichen mußt.

Amselrufe. Neue Strophen, Zürich 1888. S. 139-140. Online
Amselrufe, Zürich 1890, S. 130. Online