Mein Lied

1888

Mein Lied

Ich bin kein gotterkorener,
Kein himmlischer Prophet,
Ich bin ein staubgeborener,
Ein irdischer Poet.
All meines Geistes Glut
Ist Menschenhirn und -Blut,
In meiner Mutter Schooß
Keimt‘ auf mein Dichterloos;
Ich bin kein Sterngesendeter,
Kein Engel aus der Höh‘,
Ich bin ein Unvollendeter
In Wonnen und im Weh.

Vom Vater trotzig-schweigender,
Von Mama weicher Sinn,
Vom Ahnen liedergeigender
Poet ich worden bin.
Beim ersten Liebeshauch
Tönte die Seele auch,
Leicht aus dem Kopfe schwang
Sich eig’ner Rhythmen Klang;
Ach, in der Heimat brausenden
Eichwäldern irrt‘ ich gern,
Im Föhrenhain, dem sausenden,
Träumt‘ ich von Glück nnd Stern.

Ich bin ein schwertgegürteter
Vorkämpfer in der Schlacht,
Ich bin ein zartbemyrteter
Spielmann auf stiller Wacht.
Protzt die Verlogenheit,
Bin ich zum Hieb bereit,
Lieb‘ ich ein süßes Kind,
Wind‘ ich ein Angebind;
Kein Wahn von himmlisch blinkender
Unsterblichkeit mich narrt,
Ich bin ein zukunftwinkender
Poet der Gegenwart.

1890

Mein Lied

Ich bin kein gotterkorener,
Kein himmlischer Prophet,
Ich bin ein staubgeborener,
Ein irdischer Poet.
All meines Geistes Glut
Ist Menschenhirn und -Blut,
In meiner Mutter Schooß
Keimt‘ auf mein Dichterloos;
Ich bin kein Sterngesendeter,
Kein Engel aus der Höh‘,
Ich bin ein Unvollendeter
In Wonnen und im Weh.

Vom Vater trotzig-schweigender,
Von Mama weicher Sinn,
Vom Ahnen liedergeigender
Poet ich worden bin.
Beim ersten Liebeshauch
Tönte die Seele auch,
Leicht aus dem Kopfe schwang
Sich eig’ner Rhythmen Klang;
Ach in der Heimat brausenden
Eichwäldern irrt‘ ich gern,
Im Föhrenhain, dem sausenden,
Träumt‘ ich von Glück und Stern.

Ich bin ein schwertgegürteter
Vorkämpfer in der Schlacht,
Ich bin ein zartbemyrtheter
Spielmann auf stiller Wacht.
Protzt die Verlogenheit,
Bin ich zum Hieb bereit,
Lieb‘ ich ein süßes Kind,
Wind‘ ich ein Angebind;
Kein Wahn von himmlisch blinkender
Unsterblichkeit mich narrt,
Ich bin ein zukunftwinkender
Poet der Gegenwart.

1898

Mein Lied

Ich bin kein gotterkorener,
Kein himmlischer Prophet,
Ich bin ein staubgeborener,
Ein irdischer Poet.
All meines Geistes Glut
Ist Menschenmark und -Blut,
In meiner Mutter Schooß
Keimt‘ auf mein Dichterloos;
Ich bin kein Sterngesendeter,
Kein Engel aus der Höh‘,
Ich bin ein Unvollendeter
In Wonnen und im Weh.

Vom Vater trotzig-schweigender,
Von Mama weicher Sinn,
Vom Ahnen liedergeigender
Poet ich worden bin.
Beim ersten Liebeshauch
Tönte die Seele auch,
Leicht aus dem Kopfe schwang
Sich eig’ner Rhythmen Klang;
Ach, in der Heimat brausenden
Eichwäldern irrt‘ ich gern,
Im Föhrenhain, dem sausenden,
Träumt‘ ich von Glück und Stern.

Ich bin ein schwertgegürteter
Vorkämpfer in der Schlacht,
Ich bin ein zartbemyrteter
Spielmann auf stiller Wacht.
Protzt die Verlogenheit,
Bin ich zum Hieb bereit,
Lieb‘ ich ein süßes Kind,
Wind‘ ich ein Angebind;
Kein Wahn von himmlisch blinkender
Unsterblichkeit mich narrt,
Ich bin ein zukunftwinkender
Poet der Gegenwart.

1902

Mein Lied

Ich bin kein gotterkorener,
Kein himmlischer Prophet,
Ich bin ein staubgeborener,
Ein irdischer Poet.
All meines Geistes Gluth
Ist Menschenmark und -Blut,
In meiner Mutter Schooß
Keimt‘ auf mein Dichterloos;
Ich bin kein Sterngesendeter,
Kein Engel aus der Höh‘,
Ich bin ein Unvollendeter
In Wonnen und im Weh.

Vom Vater trotzig-schweigender,
Von Mama weicher Sinn,
Vom Ahnen liedergeigender
Poet ich worden bin.
Beim ersten Liebeshauch
Tönte die Seele auch,
Leicht aus dem Kopfe schwang
Sich eig’ner Rhythmen Klang;
Ach, in der Heimath brausenden
Eichwäldern irrt‘ ich gern,
Im Föhrenhain, dem sausenden,
Träumt‘ ich von Glück und Stern.

Ich bin ein schwertgegürteter
Vorkämpfer in der Schlacht,
Ich bin ein zartbemyrtheter
Spielmann auf stiller Wacht.
Protzt die Verlogenheit,
Bin ich zum Hieb bereit,
Lieb‘ ich ein süßes Kind,
Wind‘ ich ein Angebind;
Kein Wahn von himmlisch blinkender
Unsterblichkeit mich narrt,
Ich bin ein zukunftwinkender
Poet der Gegenwart.

1903

Mein Lied

Ich bin kein gotterkorener,
kein himmlischer Prophet,
ich bin ein staubgeborener,
ein irdischer Poet.
All meines Geistes Glut
ist Menschenmark und -Blut,
in meiner Mutter Schoß
keimt‘ auf mein Dichterlos;
ich bin kein Sterngesendeter,
kein Engel aus der Höh‘,
ich bin ein Unvollendeter
in Wonnen und im Weh.

Vom Vater trotzig-schweigender,
von Mama weicher Sinn,
vom Ahnen liedergeigender
Poet ich worden bin.
Beim ersten Liebeshauch
tönte die Seele auch,
leicht aus dem Kopfe schwang
sich eigener Rhythmen Klang:
Ach, in der Heimat brausenden
Eichwäldern irrt‘ ich gern,
im Föhrenhain, dem sausenden,
träumt‘ ich von Glück und Stern.

Ich bin ein schwertgegürteter
Vorkämpfer in der Schlacht,
ich bin ein zartbemyrteter
Spielmann auf stiller Wacht.
Protzt die Verlogenheit,
bin ich zum Hieb bereit,
lieb‘ ich ein süßes Kind,
wind‘ ich ein Angebind;
kein Wahn von himmlisch blinkender
Unsterblichkeit mich narrt,
ich bin ein zukunftwinkender
Poet der Gegenwart.

1906

Mein Lied

Ich bin kein gotterkorener,
Kein himmlischer Prophet,
Ich bin ein staubgeborener,
Ein irdischer Poet.
All meines Geistes Glut
ist Menschenmark und -Blut,
In meiner Mutter Schoss
Keimt‘ auf mein Dichterlos;
Ich bin kein Sterngesendeter,
Kein Engel aus der Höh‘,
Ich bin ein Unvollendeter
In Wonnen und im Weh.

Vom Vater trotzig-schweigender,
Von Mama weicher Sinn,
Ich bin ein liedergeigender
Poet von Anbeginn.
Beim ersten Liebeshauch
Tönte die Seele auch,
Leicht aus dem Kopfe schwang
Sich eigener Rhythmen Klang:
Ach, in der Heimat brausenden
Eichwäldern irrt‘ ich gern,
Im Föhrenhain, dem sausenden,
Träumt‘ ich von Glück und Stern.

Ich bin ein schwertgegürteter
Vorkämpfer in der Schlacht,
Ich bin ein zartbemyrteter
Spielmann auf stiller Wacht.
Protzt die Verlogenheit,
Bin ich zum Hieb bereit,
Lieb‘ ich ein süßes Kind,
Wind‘ ich ein Angebind;
Kein Wahn von himmlisch blinkender
Unsterblichkeit mich narrt,
Ich bin ein zukunftwinkender
Poet der Gegenwart.

1921

Mein Lied

Ich bin kein gotterkorener,
Kein himmlischer Prophet,
Ich bin ein staubgeborener,
Ein irdischer Poet.
All meines Geistes Glut
ist Menschenmark und -Blut,
In meiner Mutter Schoß
Keimt‘ auf mein Dichterlos;
Ich bin kein Sterngesendeter,
Kein Engel aus der Höh,
Ich bin ein Unvollendeter
In Wonnen und im Weh.

Ich bin ein schwertgegürteter
Vorkämpfer in der Schlacht,
Ich bin ein zartbemyrteter
Spielmann auf stiller Wacht.
Protzt die Verlogenheit,
Bin ich zum Hieb bereit,
Lieb ich ein süßes Kind,
Wind ich ein Angebind;
Kein Wahn von himmlisch blinkender
Unsterblichkeit mich narrt,
Ich bin ein zukunftwinkender
Poet der Gegenwart.

Amselrufe. Neue Strophen, Zürich 1888, S. 1-2. Online
Amselrufe, Zürich 1890, S. 1-2. Online
Gedichte, Zürich und Leipzig 1898, S. 149-150. Online
Aus meinen Gedichten, Zürich, Leipzig, Berlin 1902, S. 43. Online
Mein Liederbuch, Leipzig 1903, S. 39-41. Online
Mein Lied, Berlin 1906, S. 37-38.
Gesammelte Werke. Vierter Band: Buch der Kunst, München 1921, S. 1-2.