Michael Georg Conrad
Zum 70. Geburtstag
Es war die Zeit, da schlugen die Flammen
Der jugendgärenden Geister zusammen
In einem jähauflodernden Brand.
Wir waren satt der blutleeren Weise,
Des Lebens gewaltige Zauberkreise
Umzogen uns zuckend mit feurigem Band.
In jenen sturmestrotzigen Tagen
Hast du die zündende Fackel getragen
Voran dem zukunftsschwangern Geschlecht.
Du warst ein mächtiger Rufer im Streite,
der uns von schwächlicher “Schönheit” befreite,
Und hobst auf den Schild, was markig und echt.
Der du ein kämpfender Kunstheld gewesen,
Von einem Sämann hab ich gelesen
Bei Dir ein sonnenleuchtend Gedicht:
Dein Vater wirft in der Heimat Schollen
Zeugenden Samen. Dies Lied durchrollen
Blutstropfen erdstarker Zuversicht.
Wie deinen Vater dort seh ich dich schreiten,
Als Sämann kühn uns den Segen bereiten,
Wachstum und Ernte kernhafter Natur.
Es wehen die Frühlingswinde wieder
Um deine barhäuptig ragenden Glieder,
Und heimliche Jugend umsingt deine Spur.
Gesammelte Werke. Vierter Band: Buch der Kunst, München 1921, S. 88-89.