Schneenacht

Schneenacht

Der Schlitten klingelt die Straßen hinab,
Vom Turme schwingt sich die Mitternacht:
Die Schellen verschallen, die Klänge verhallen,
Ich öffne das Fenster; der Schnee fällt sacht.

Der Schnee fällt sacht, und kein Menschenfuß
Stapft seine Spur in den flockigen Flaum,
Zur Erde wirbelt kristallenen Gruß
Der weite, der schweigende Wolkenraum.

Die Stadt wie still! Fein webt die Natur
Ihr Brüsseler Spitzenhemde der Welt;
Ich seh es blitzen drunten und glitzern,
Wo der Nachtlaterne Lichtstreif fällt.

Nun liegt der Weg der Leiden verschneit,
Mein Herz hält heilige Friedensruh,
Vom Himmel rieselt die Einsamkeit,
Und leise horcht meine Seele zu.

Die Hausangestellte, 21. Jahrg., Januar 1933, Nr. 1, S. 1. Online